14 Uhr, International
Dieser letzte Festivaltag heißt Berlinale Kinotag und ist für das Publikum gedacht. Es gibt wenig Mitarbeiterkarten und keine Pressescreenings. Ich habe mir aber ein Ticket für die TEDDY-Kurzfilmrolle im Kino International geholt. 8 Filme zwischen 5 und 30 Minuten bilden den Abschluss der queeren Filme auf dieser Berlinale. Das alte Premierenkino der DDR ist voll. Wir sitzen in der vorderen Mitte und das eigentlich 125 minütige Programm wird in die Länge gezogen, da in den kurzen Unterbrechungen nach jeweils 2 Filmen, Teile der Filmteams auf die Bühne gebeten werden, um kurz ein paar Fragen zu beantworten.
Experimentalfilme, Kunstfilme, kurze Geschichten - ich gehe nach dem sechsten Film, es war so enttäuschend. Es kommt mir so vor, das nicht die Qualität der Filme ausschlaggebend für die Auswahl war, sondern hauptsächlich das Thema: Hauptsache queer. Da ich in einem Land lebe, in dem ich mich überwiegend frei als Schwuler bewegen kann, ist es schwer mich mit den altbekannten queeren Filmthemen Krankheit, Tod sowie öffentliches Ausleben der Sexualität zu identifizieren. Wenn diese Themen wie hier auch noch experimentell bis zur Unverständlichkeit codiert sind, verliere ich schnell das Interesse.
Ich fahre nach Haus und weiß, dass es nur besser werden kann heute Abend.
19.30 Uhr, Babylon Mitte
Auf diesen Publikumsliebling aus Australien freue ich mich schon die ganze Woche. Meinen letzten Film auf diesem Festival schaue ich mir mit meiner Familie und der unbekannten Freundin an. Es ist der australische Knetfiguren-Animationsfilm MARY AND MAX von Adam Elliot. Dieser 92-Minüter läuft in der Sektion Generation 14plus.
Ein achtjähriges Mädchen schreibt sich Briefe mit dem am Asperger Syndrom leidenden 44-jährigen Max aus New York. Für Max ist Mary eine Verbindung zu einer Welt, die ihm unbekannt ist. Andersrum fragt Mary Max nach allen Dingen, die sie beschäftigen. Eine ungewöhnliche Brieffreundschaft entsteht. Wunderbare Settings, ergreifende Figuren und eine Geschichte, die mehr Ideen, Wendungen und Überraschungen bereit hält als mancher Berlinalestreifen der letzten 11 Tage. Der Saal war voll, langer Applaus am Ende. Wir sind begeistert! So muss es sein.
Das Poster des auf einer wahren Geschichte beruhenden Films löse ich mir spontan von der Wand im Foyer. Berlinale für zu Hause.
Das war sie also: Frauen-verlieben-sich-in-junge-Männer-Filme, Antikriegsfilme, Familiengeschichten, Filme über Paare und über Freundschaften und Vergangenheitsbewältigungsfilme. Es war toll, vor allem weil ich so dicht dran war am Geschehen, wie noch nie zuvor. Gern mehr. Vielleicht schon im nächsten Februar.