Freitag, 19. Februar 2010

BERLINALE 2010 - 9. Tag


Produzent, Schauspielerin Yolande Moreau, Regisseure Benoit Deléphine und Gustave de Kerven, Schauspieler Gérard Dépardieu und Miss Ming bei der Pressekonferenz

9.00 Uhr Berlinale Palast
Pernille Fischer Christensen aus Dänemark hat ihren Wettbewerbsbeitrag EN FAMILIE genannt. Ein Familienfilm.
Das Oberhaupt eines traditionsreichen dänischen Bäckereiimperiums ist totkrank. Die Tochter soll neue Chefin werden, hat aber eigene Pläne. Sie möchte als Galeristin mit ihrem Freund nach New York gehen. Ein Zwist bricht aus.
Für den Film EN SOAP erhielt die Regisseurin 2006 den Silbernen Bären, trotz dieser Erfahrung ist der neue Streifen lahm. Ich nicke, auch wegen der zu kurzen Nacht, mehrfach ein. Er ist knallhart in seiner schmerzlichen Offenheit, aber ich habe keinen Bezug zu ihren Problemen. Ich bin nicht gerührt. Die anderen im Saal schon - dies ist also nichts für mich.

12.00 Berlinale Palast
Michael Winterbottom arbeitet in seinen Spielfilmen eher dokumentarisch. Man hat meistens das Gefühl, dass alles echt ist. Diesmal ist Winterbottom (THE ROAD TO GUANTANAMO) einen brutalen sexistischen Thriller mitgebracht, der in den 1950-er Jahren spielt. Ein Cop (Casey Affleck) verprügelt Frauen und bringt sie danach um, einfach nur aus Lust an der Qual.
Über 2 Stunden schön fotografiertes, psychologisch unverständliches ab-18-Kino in unverständlichem, texanischen Englisch. Dies ist der erste Wettbewerbsfilm, der ohne Untertitel läuft. Die meisten Passagen sind nur über die Bilder zu verstehen, der Großteil der Dialoge bleibt unverständlich, aber das ist egal. Dieser Streifen hat in einem internationalen Qualitätswettbewerb eh nichts verloren. Außerdem ist er wieder nur ein Männerfilm. Wieder mal. Davon habe ich mit meinen Kollegen aus der Leserjury schon sehr viel bessere gesehen.

Kann noch was kommen? Wars das?

15.30 Uhr CinemaxX 7
Es ist ziemlich früh ziemlich voll. Wegen Dépardieu? Wegen der belgischen Regisseure? Wollen die Journalisten dem Wettbewerb noch eine Chance geben? JA. JA. JA. Ein absolut bemerkswerter, überraschender, kurzweiliger Spielfilm: MAMMUTH von Benoit Deléphine und Gustave de Kervern. Dépardieu spielt (ähnlich wie Rourke in THE WRESTLER) einen fetten, lebenslahmen Mann, der nach Jahren seinen letzten Arbeitstag im Schlachthaus hatte. Er wird verabschiedet und in den Ruhestand entlassen. Seine Frau, gespielt von der wunderbaren Yolande Moreau (LOUISE HIRES A CONTRACT KILLER), überredet ihn die fehlenden Rentenbescheinigungen seiner früheren Arbeitsplätze zu besorgen - ein Roadmovie beginnt. Wunderbare kleine Geschichten, ungewöhnliche Orte, herrlich absurde Typen - von denen er der komischste ist - werden dem Zuschauer im Laufe der Geschichte vorgestellt. Manchmal überlegt man kurz, ob dies jetzt wirklich passiert. Aber ja, die belgischen Regisseure treiben die Frivolität in die absurdesten Höhen - ein Fest! Unbedingt sehen. Vor allem Dépardieu in seinen Boubous.
Der letzte, für die Bewertung in Frage kommende Wettbewerbsfilm ist aus. Wir werden sentimental und sind überrascht, dass es doch so schnell vorbei ging. Wir rufen abwechselnd bei der Morgenpost an und sprechen unsere 3 Favouriten aufs Band. Meine Top 3 sieht wie folgt aus. Platz 3: THE GHOST WRITER, Platz 2: MAMMUTH und Platz 1: EN GANSKE SNILL MANN. Morgen erfahren wir das Ergebnis.

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